Nati-Reisen

Benimmzettel für unsere Kicker — DFB-Troika sorgt Ungemach vor

Nachdem die deutsche Nati samt ihrem Tross vollzählig aus dem Iran heimgekehrt ist, hat sich der DFB entschlossen, das Erfolgsrezept „Benimmregeln“ beizubehalten. Insgeheim war befürchtet worden, dass der ein oder andere mit radikal-islamischen Lebensformen unerfahrene Spieler Steinigungen oder anderen traditionellen Unmutsäußerungen zum Opfer fallen könnte. Aber die Regeln, die es vor dem Abflug auswendig zu lernen galt, halfen, das riskante Unternehmen zu einem guten Ende zu führen.

„Versuchen Sie niemals, einer iranischen Frau unter den Schleier zu gucken“, heißt es beispielsweise im vierten Gebot. Auch andere liebgewonnene Sitten, Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit oder an-Bäume-Pinkeln, seien in islamischen Ländern keine Selbstverständlichkeit. Rigorose Regeln, aber wirksam! Im November stand das nächste Abenteuer an: Es ging ins exotische Ostdeutschland — nach Leipzig. Auch hier gab es einige Hilfen seitens der Verantwortlichen für die Außendarstellung unserer Elite-Kicker.

„Vermeiden Sie bei Einheimischen das Wort ‚Mauer‘,“ heißt es unter anderem. „Sagen Sie nicht, beim Freistoß hat deren Mauer gepennt.“ Viel besser höre es sich an, wenn „der kamerunische Schutzwall etwas undicht war.“ Womit in Leipzig noch gerechnet wurde, verdeutlicht der letzte Absatz des Regelwerks. „Unabhängig davon, wer im Tor der Nati stehen wird: Es werden Bananen fliegen! Die Aktion sei keinesfalls das übliche Ritual einem der Spieler gegenüber, sondern Ausdruck der Freude. „Schließlich hat die ehemals südfrüchtefreie Ostzone vor kurzem erst den 15. Jahrestag ihres Anschlusses an die Bananenrepublik Deutschland feiern dürfen,“ heißt es. Und weiter: „Bloß nicht zurückwerfen!“ Vielmehr seien freundliches Winken, anerkennender Beifall oder „Daumen hoch!“ in Richtung der Werfer die angemessene Reaktion.

Sexuelle Handlungen aller Art sind in der japanischen Öffentlichkeit nämlich tabu.

Umfangreicher ist der Kicker-Knigge, der für die Asienreise vorbereitet wird: „Komische Länder, komische Sitten,“ so der Arbeitstitel. „Japan, Südkorea und Thailand sind eine echte Herausforderung in Sachen richtiges Benehmen — nicht nur für die jungen Spieler,“ weiß Pierre Littbarski, der maßgeblichen Anteil an der Broschüre hat. Es gibt einiges zu lernen vor der Reise. Schon vor dem Anpfiff des Spieles heißt es: „Höflich sein!“ Wenn Japaner etwas überreichen, tun sie das mit beiden Händen. Für Michael Ballack heißt das: den Wimpeltausch nicht einhändig und in die Kamera grinsend durchführen, nein — beidhändig, das ist höflich und kommt gut an.

Es gehört sich auch nicht, mit einem Finger auf den Gegenspieler zu zeigen, um ihm zu drohen oder sich beim Schiri über dessen versteckte Fouls zu beschweren. Japaner weisen immer mit der ganzen Hand auf etwas. Und wenn sie von sich selbst reden („Ich? Ball gespielt!“) zeigen sie nicht etwa auf ihre Brust, sondern auf ihre Nase. Vorsicht! Ein europäischer Schiri könnte das als „Vogel zeigen“ missverstehen.

In der Pause stürmt der Japaner nicht einfach in seine Kabine, er zieht vor der Tür die Stollenschuhe aus und schlüpft in bequeme Sandalen, die immer bereit stehen. Und dann bloß nicht sofort zur Toilette rennen! Erst noch einmal die Sandalen wechseln — für WC-Räume gibt es nämlich Extra-Schlappen.

Torjubel — ein besonders kitzeliges Thema: Sexuelle Handlungen aller Art sind in der japanischen Öffentlichkeit nämlich tabu. Dazu gehören auch Umarmungen und Küsse. Am besten gar keine Tore schießen oder — wenn's doch einmal passiert — sollte der Torschütze nach dem Treffer seinen Mannschaftskollegen durch eine höfliche Verbeugung für ihre uneigennützige Mitarbeit danken — gegebenenfalls auch dem japanischen Torwart.